BESCHREIBUNG DER METHODE  
Übersetzung aus dem Englischen


Text des Vortrags anlässlich der 30. Jahresversammlung des AIC (American Institute for Conservation) -  Miami,  9. Juni 2002
 


Das amerikanische Institut  für Konservatoren (AIC) ist die einzige öffentliche Vereinigung von Restauratoren und Konservatoren von Kunstobjekten der Vereinigten Staaten. Mit seinen 3100 Mitgliedern kann AIC als eine der weltweit wichtigsten und maßgeblichsten Organisationen für die objektive Bewertung von antiken Kunstobjekten und damit auch für die Bewertung von wissenschaftlichen Methoden zur Altersbestimmung angesehen werden. Seine kommerzielle Neutralität und strenge Deontologie verleiht seinen Beurteilungen einen hohen Wert.
 


Spektroskopische Datierung und Klassifizierung des Holzes

Gottfried Matthaes

Die IR-Spektroskopie wird in Industrie und Forschung auf breiter Ebene für die chemischen Analysen verwendet. Neu ist die Anwendung zur Altersbestimmung des Holzes. Die im Holz vorhandenen Moleküle absorbieren die vom Spektrofotometer abgegebenen IR-Strahlen, wenn sie mit derselben Frequenz schwingen. Das Spektrum, das diese Absorption mit seinen Spitzen und Tälern zeigt, ist wie ein Fingerabdruck des untersuchten Stoffes. Die Änderung eines Moleküls bzw. einer Gruppe von Molekülen, zum Beispiel durch Alterungsprozesse, wird durch eine Verschiebung der Frequenzen und eine Veränderung in den Absorptionsstärken angezeigt. Das Alter des Holzes wird durch den Vergleich dieser Verschiebungen mit Spektren sicherer Datierung festgelegt.
 

Die folgenden Probleme und Überlegungen mussten zu Beginn der Untersuchung berücksichtigt werden:

  1. Die verschiedenen Baumtypen haben verschiedene chemische Zusammensetzungen und Alterungsgeschwindigkeiten. Es ist bekannt, dass Holz mit einem schnelleren Wachstum in einem kürzeren Zeitraum zerfällt. Wir wissen auch, dass Nadelholz im Vergleich zum Birkenholz harzhaltiger ist und dass es zum Beispiel drei Eichentypen allein in Europa gibt. Um diese zu identifizieren, um Objekte zu finden, die mit all diesen Holztypen verschiedenen Alters hergestellt wurden, und um die Zuverlässigkeit des vermutlichen Alters dieser Gegenstände für die Erstellung von Vergleichstabellen für die spektroskopische Datierung zu erstellen, waren 8 Jahre Forschung unseres Labors, zum Teil mit der Unterstützung von internationalen Organisationen und Museen, erforderlich.
     

  2. Eine Datierungsmethode, die auf dem chemischen Verfall basiert, muss die Tatsache berücksichtigen, dass die Temperatur und die Feuchtigkeit den Prozess beschleunigen können. Dieser Unsicherheitsfaktor würde es notwendig machen, die Geschichte  der Aufbewahrung des Objektes zu kennen und außerdem die Möglichkeit zu überprüfen, ob das Messergebnis durch künstliche Behandlungen zu beeinflussen ist. Diese Möglichkeiten wurden notwendigerweise vor der Ausarbeitung der Tabellen für die spektroskopische Datierung berücksichtigt. Wir konnten feststellen, dass viele Holzmoleküle einen Alterungsprozess haben, der nicht von der Temperatur und der Feuchtigkeit beeinflusst wird. Beispiele wie der Bernstein, ein versteinertes Harz, das Millionen von Jahren unter dem Meer und den Flussbetten lagerte, sowie Ausgrabungsgegenstände aus Holz bezeugen ihre Existenz. Das Diapositiv A zeigt zwei Spektren. Die Kurve (1) ist das Spektrum einer neuen Eiche und die Kurve (2) einer Eiche eines römischen Schiffes, das 2.000 Jahre unter dem feuchten Boden begraben war. Das Spektrum des Schiffes ist noch typisch für dieses Holz. Unter diesen Molekülen befinden sich diejenigen, welche für die spektroskopische Datierung verwendet werden. Umfassende internationale Studien haben die äußerst hohe Beständigkeit des Holzes gegen Hitze und Wasser immer bestätigt. In unserem Labor haben wir zwei Jahre lang ein Stück Ahorn und ein Stück Nadelbaum in kontinuierlichen Zyklen mit variierender Temperatur und Feuchtigkeit getestet. Es wurde in diesem Zeitraum keine messbare Differenz der für die Datierung verwendeten Frequenzen beobachtet.
     

  3. Es ist wichtig, den Gebrauch alten Holzes für vor kurzem hergestellte Fälschungen entdecken zu können. Andernfalls kann keine Methode der Holzdatierung als Beweis dienen. Die äußerste Schicht eines Holzobjektes wird durch UV-Strahlen und andere Umwelteinflüsse zusätzlichen chemischen Veränderungen ausgesetzt. Da die Spektroskopie eine chemische Analyse ist, bietet sie diese Möglichkeit der Differenzierung. Das Diapositiv B zeigt den Unterschied im Holz desselben 300 Jahre alten Gegenstands zwischen der Oberfläche (Kurve 2) und dem Holzinneren (1). Wenn ein Gegenstand mit schon altem Holz hergestellt wurde, sind beide Kurven fast identisch.
     

 

 

 

 

 

 

 

  1. Da die für die Datierung verwendeten Frequenzen und Absorptionsstärken je nach Baumtyp voneinander abweichen können, ist es notwendig, durch eine Untersuchung einfach und schnell den Baumtyp zu erkennen. Die spektroskopische Analyse bietet diese Möglichkeit. Die Kurven der Diapositive C und D wurden als Beispiel ausgewählt. Der erste Test in der Holzdatierung gilt der Unterscheidung zwischen Nadelhölzern und Laubhölzern. Die Spitze der Kurve C, von einem Pfeil angezeigt, ist kennzeichnend für den „Coniferylalkohol“, der in allen bisher untersuchten Nadelhölzern  vorkommt. In der Kurve D zeigen die Pfeile auf typische Spitzen der Eiche und des Kirschbaums. Die Beobachtung einer einzelnen Spitze bzw. einer Kombination spezifischer Spitzen hat es bisher ermöglicht, in zirca 90% der durchgeführten Tests zumindest die Baumart zu ermitteln.
     

  2. Die Bäume der Tropengebiete erfordern spezifische Tabellen. Da aber diese Bäume einem chemischen Verfall ausgesetzt sind, der den Bäumen in Europa bzw. in Nordamerika ähnlich ist, war die Ausarbeitung spezifischer Tabellen nur eine Frage zusätzlicher Forschung. Uns stehen schon Tabellen mit einer Präzision von ± 10 Jahren oder weniger für den Großteil der für afrikanische Skulpturen verwendeten Hölzer und von ungefähr ± 25 Jahren für die Skulpturen Südostasiens zur Verfügung.
     

  3. Die Methode kann abgelehnt werden, wenn sie als „destruktiv“ angesehen wird.
    Der Schaden, der durch die Entnahme einer Holzprobe am Objekt angerichtet wird, ist jedoch im Vergleich zum Schaden, den das Holz in den vergangenen Jahrhunderten erlitten hat, gering.
    Die folgenden fünf Fotos zeigen, wie eine solche Probe genommen wird.
    Foto 1: Es wird ein kleines Loch mit 2 mm Durchmesser an einer massiven Stelle des Holzobjektes gebohrt. Der vom ersten Millimeter Bohrtiefe erhaltene Holzstaub der Oberfläche kann dazu dienen, den Gebrauch alten Holzes zu entdecken. Ab einer ungefähren Bohrtiefe von 3 mm wird der nicht benutzte Holzstaub für den Alterstest gesammelt.
    Foto 2: Das Holzmehl wird auf eventuelle Unreinheiten untersucht, die Messfehler verursachen könnten, wie zum Beispiel eine Kontamination durch Holzwürmer.
    Foto 3: zeigt das Holzmehl, das nach einer stabilisierenden Behandlung mit einem transparenten Stoff in Tablettenform gepresst wurde.
    Foto 4:  die Transparenz der Tablette bezeugt die erforderliche winzige Holzmenge.
    Foto 5: Einführen der Tablette in den Spektrometer und Ausdrucken des Spektrums
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Die folgenden Probleme und Nachteile der Methode sind immer noch ungelöst:

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Einige Hölzer wie Mahagoni, Palisander und Kastanie können noch nicht genau datiert werden.
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Die Gegenstände, die über lange Zeiträume unter dem Gefrierpunkt blieben, stellen sich als jünger heraus, da die chemischen Prozesse im Holz verlangsamt wurden. In Europa haben wir dieses Problem bei Balken aus Ruinen alter Schlösser und Kirchen im Gebirge.
· Die Genauigkeit sinkt mit der Zeit. Die Fehlerspanne, die zirca ± 10 Jahre bis zu einem Alter von zirca 350-450 Jahre beträgt, erhöht sich bis auf zirca ± 50 Jahre für Hölzer, die 800 Jahre oder älter sind.
· Die Bäume aus derselben Familie können in anderen Kontinenten Untertypen entwickelt haben. Um eine komplette Datierungstabelle für die neuen Untertypen auszuarbeiten, sind nur zwei Proben sicherer Datierung und unterschiedlichen Alters erforderlich.


Vorteile:


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Die Datierungsmethode hat einen hohen Grad der Zuverlässigkeit erreicht. Sie ist einfach, schnell und preisgünstig.
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Neben dem Alter liefert die spektroskopische Analyse auch Informationen über den analysierten Holztyp. 
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 Nur eine Methode, wie die Spektroskopie, die auf einer spektroskopischen Analyse des Holzes basiert, ermöglicht die Entdeckung des Gebrauchs alten Holzes.
 Die Datierungsgenauigkeit wird laufend verbessert, da neue Proben mit sicherer Datierung zur Verfügung stehen werden.
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Der Vergleich der spektroskopischen Datierung, welche vom Ort, an dem ein Baum gewachsen ist oder von der Position der Probe in großen Stämmen eines Baumes unabhängig ist, mit Ergebnissen anderer Datierungsmethoden, die diese Nachteile aufweisen, senkt deren bisherige Fehlerspanne.
· Erwähnt werden sollte der Gebrauch der spektroskopischen Analyse in anderen Bereichen alter Kunstgegenstände. Sie gewinnt durch ihre schnelle und genaue Klassifizierung von Lacken, Leimen und Pigmenten sowie von Verkrustungen auf Eisen, Bronze und ausgegrabener Keramik immer mehr an Bedeutung.

 

 Spezifische Anwendungen für Museen:

Alle Museen haben große Probleme mit ihrem Inventar, in dem ein hoher Prozentsatz von Möbeln, Holzstatuen und Gemälden darauf wartet, eine genaue und definitive Klassifizierung zu erhalten. Die kostengünstige Spektroskopie kann damit vor allem Museen für ihren internen Gebrauch dienen.

 

Ende des Vortragstextes AIC, Miami 2002